Kleeblatt

Moin Moin

Der Zahnriemen

Moderne Automotoren können eigentlich ewig halten. Nun gut, sie benötigen ab und zu etwas Öl, vielleicht sollte auch das Ventilspiel kontrolliert und nach dem Kühlwasser gesehen werden. Fast keine Möglichkeit also, den Motor kaputt zu kriegen. Wenn da nicht die Sache mit dem Nockenwellenantrieb wäre. 

Vor 100 Jahren und heute noch bei Rasenmähern wurden die Ventile durch eine Stößelstange direkt von der tief im Keller des Motors liegenden Nockenwelle betätigt. Da konnte eigentlich nichts zerstört werden. Heute hat sich die Zahl der Nockenwellen oft verdoppelt und sie sind dem Motor in den Kopf gestiegen. Es können also keine einfachen Stangen mehr die Ventile betätigen. Es gibt verschiedene Techniken für die Übertragung der Drehbewegung der Kurbelwelle auf die Nockenwelle(n). Reizvoll war die Königswelle, sie war lange Zeit herausragendes Merkmal von Ducati, heute wird sie von Kawasaki (nach-)gebaut. Den Namen hat die Königswelle übrigens von der senkrechten Welle in Windmühlen. Sie überträgt das Drehmoment von den Flügeln auf den Mühlstein. Höchst interessant war die Lösung von NSU bei der Max. Schubstangen trieben die Nockenwelle an. Das muss man sich ungefähr so vorstellen wie bei einer Dampflokomotive.

Am häufigsten verbreitet ist aber der Zahnriemen. In Deutschland hatte als erste Marke Glas den Riemen eingesetzt. Bei Motorrädern war die Bologneser Firma Moto Morini der Pionier. Dort lag die Nockenwelle allerdings unten, der Riemen konnte also sehr kurz bleiben. In Bologna scheinen die Riemen gut zu gedeihen: Auch Ducati setzt auf diese Technik. Vorteil der Riemenlösung ist der geringe Preis und die Geräuscharmut. Wenn der Riemen allerdings reit, gibt es Schrott. Die Ventile bleiben einfach stehen. Wenn sie gerade geöffnet sind, knallt der Kolben bei seiner letzten Amtshandlung vor dem Stillstand des Motors auf die Ventile. Die sind dann krumm oder fallen gleich in den Keller. Der Kolben kann auch etwas abbekommen, sogar der Pleuel kann es krumm nehmen. Wenn jemand ganz viel Glück hat, sind die Ventile in dem besagten Augenblick zu. Auer dem Ausbleiben des Vortriebs passiert nicht viel. Aber es ist nicht immer die Schuld des Riemens, wenn es zum GAU kommt. Etliche Spann- und Umlenkrollen sind auch im Spiel. Wenn deren Lager fest gehen, ist der Effekt derselbe. 

Aus diesem Grund muss der Riemenantrieb ab und zu gewechselt werden. Die Angaben über die Intervalle sind bei den Herstellern sehr unterschiedlich. Bei Alfa Romeo sollte er eigentlich alle 120.000 km ausgetauscht werden. Auch Opel hat diese Spanne angegeben, empfiehlt jetzt allerdings - so habe ich mir berichten lassen- 60.000 km. Das Material scheint also nicht so viel zu taugen wie man zunächst gedacht hatte. In dem sehr empfehlenswerten Forum bei www.alfisti.net werden viele Diskussionen über die Zahnriemengeschichte geführt. Einhellige Meinung ist, dass der Wechsel des Riemens weit vor der 120.000 km-Grenze vorgenommen werden soll.  

Also, meiner hatte 91.000 km hinter sich als ich mich entschloss, die Werkstatt aufzusuchen. Der Meister riet mir auch dazu. Denn nicht unbedingt die Laufleistung kann dem Riemen den Garaus machen, sondern auch das Alter. Der Riemen ist im siebten Jahr, das kann ja bekanntermaßen verflixt sein. Außerdem war es zu dieser Zeit auch verdammt kalt. Dadurch kann er auch leichter Schaden nehmen. Ich bat den Monteur, die ausgebauten Teile in den Kofferraum zu legen. Karin sammelt nämlich kurioses Zeug.

Hier also die Übersicht über die ausgetauschten Teile. Seht mir bitte nach, dass ich nicht mehr dazu gekommen bin, das weiße T-Shirt zu bügeln.

Bei der Austauschaktion ist also nicht nur der Zahnriemen für den Nockenwellenantrieb gewechselt worden, sondern auch noch seine Kollegen für etliche andere Aggregate und für die Ausgleichswellen. Auch etliche Spannrollen traten in den Ruhestand. Wenn ihr mit dem Mauszeiger über die verschiedenen Objekte fahrt, erscheint ein Hinweis. Ein Klick zeigt ein Bild des Gegenstandes.

Die Alternative zum Zahnriemen ist die Kette. Sie ist lauter, teurer aber haltbarer. Unendlich lange lebt sie aber auch nicht. Wenn sie reit, wird sie auch noch das Motorgehäuse demolieren.

Ich hatte vor über zwanzig Jahren einen Citroën GS Break. Dessen Boxermotor hatte für jede Zylinderbank auch eine eigene Nockenwelle. Der Antrieb erfolgte auch über Zahnriemen. Nach 145.000 km habe ich den Wagen verkauft - mit dem ersten Riemen...

Ach ja, wer zu wissen meint , wie viel der Austausch gekostet hat, kann mir ja seine Schätzung mailen. Glücklicherweise ist der Betrag nicht so hoch wie bei den Biturbo-Ottocilindri von Maserati - da muss der komplette Motor ausgebaut werden.

Letzte Aktualisierung: Osnabrück, Sonntag, 17. September 2006