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Moin Moin

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Fiat 1500

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Als ich noch ein bisschen jünger war, fuhr ich häufiger mit meinem Onkel Werner im Auto. Er war in den 60ern der einzige in unserer Familie, der ein vierrädriges Fahrzeug hatte. Zunächst war es ein roter Fiat 770 mit Selbstmördertüren und Abarth-Auspuff. (Seitdem hat dieser Name für mich einen ganz besonderen Klang) Sein nächstes Auto war ein grauer Fiat 1500. Herausragendes Merkmal war die Lenkradschaltung, die dem Wagen richtig Würde verlieh. Was mich aber ganz besonders beeindruckte, war der Schriftzug auf dem Handschuhfach:

schriftzug millecinquecento

Nach Spaghetti war das sicherlich das zweite italienische Wort, das ich erlernte. Wie schön kann doch eintausendfünfhundert anderenorts ausgesprochen werden.

Ich war in der letzten Zeit auf der Suche nach einem solchen Wagen. In der Zeitschrift Oldtimer-Markt habe ich nur ganz selten Anzeigen gefunden. Gesehen habe ich diesen Typ überhaupt nicht mehr, nicht einmal auf Oldtimertreffen. Übrigens habe ich ihn auch in Italien seit 20 Jahren nicht mehr angetroffen. Er scheint also richtig selten geworden zu sein. Laut Auskunft des Kraftfahrtbundesamtes gab es am 1. Januar 2003 genau 42 Fiat 1500 einschließlich der vorübergehend stillgelegten.

Innerhalb kurzer Zeit tauchten allerdings bei eBay drei Fiat auf. Der erste war allerdings das etwas neuere Modell 1500C. Der weist einen längeren Radstand und andere Leuchten auf als mein Wunschauto. Der Wagen stand in Bayern und hätte mit dem Hänger transportiert werden müssen; das war dann doch zu aufwändig. Der zweite hatte sogar eine Lederausstattung und stand bei Paderborn, also fast um die Ecke. Es handelte sich dabei um die Variante mit dem 1300 cm³-Motor. Ich habe mitgeboten, gab aber leider nur das zweithöchste Gebot ab. Aber dann kam das nächste Angebot:

Beschreibung
Hersteller: Fiat Kilometerstand (km): 52827
Modellbezeichnung: 1500/Millecinquecento Datum der Erstzulassung: September  18, 1964
Typ: 1500 Limousine

Das Fahrzeug ist aus 1.Hand, seit 1980 abgemeldet und seitdem trockengelagert. Original Fahrzeugbrief (aus Pappe) ist vorhanden! Der Fiat war bis 2001 aufgebockt und der Motor war bis zur Spitze gegen Rost konserviert. Aufgrund der langen Standzeit sind sämtliche Flüssigkeiten ausgewechselt worden. Eine neue Kupplung und einen neuen Hauptbremszylinder hatte er damals (vor 30km) bekommen. Jetzt wird der Anlasser noch überholt und Zündschloss ausgewechselt. Der Wagen ist bedingt fahrbereit. Technische Daten: Hersteller FIAT S.p.A. Turin, Typ 116/1500,Fabriknummer 116-0413 644,Leistung 67 PS bei 5200 U/min. Hubraum 1471 ccm. Leergewicht 980 kg, Gesamtgewicht 1350 kg, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 150km/h!! Außerdem hat der Wagen eine Sondergenehmigung vom TÜV Braunschweig am 30.11.1976 bekommen: "165/SR/13" dürfte man fahren! Zustand: Technisch ok, Innen sind die Sitze, Gummimatten, Türverkleidungen und Himmel neuwertig. Die Armaturenbrett muss aber neu bezogen und entsprechend aufgepolstert werden da rechts sich der Kunststoff vom Gehäuse ein wenig getrennt hat . Außen sind natürlich optische Mängel vorhanden aber der Wagen hat "eine Linie". Der Fiat 1500er besitzt bis auf der Motorhaube noch den ersten Lack. Die Türen sind unterhalb ein bisschen durchgerostet, sowie der Kotflügel vorne links an der Ecke. Oben hat der rechte Kotflügel auch Rost am hinteren Bereich an der Kante zur Scheibe und ist noch leicht verbeult. Der Unterboden ist eigentlich für sein Alter entsprechend noch gut. Unterhalb beider Stoßstangen gibt es Flugrost. Also es sind nur geringe Schweißarbeiten erforderlich. Kofferraum innen/außen ist noch gut ohne große Beanstandungen. Kofferraum Deckel und beide Seitenwände sind sehr gut erhalten. Die Radkasten und Reserveradwanne sind top. Alle Chrom Teile bzw. Stoßstangen, Zierleisten, Radkappen und Tankdeckel sind noch gut und komplett. Zwei Scheinwerfer sind blind. Zubehör: zum Wagen gehört noch das original Werkzeug, Wagenheber, Reserverad (neu 64er&unbenutzt), Sitzbezüge, Fußmatten und die original-robusten Nummernschilder aus September 1964. Ersatzteile wie Kupplung und Bremsschläuche, Thermostat usw. liegen noch im Kofferraum (1 Jahr alt). Aufwand: Der Wagen braucht viel Liebe und man darf die Arbeit niemals unterschätzen. Schließlich kommt ja einiges zusammen. Man darf die Stunden nicht rechnen, ich habe leider die Zeit gar nicht mehr dazu und deshalb gebe ich das Auto sehr ungern her, aber hoffentlich in gute Hände. 

Auf geht's

Also, nach diesen Worten wartet doch etwas Arbeit auf mich. Nun gut, man hat ja sonst nichts zu tun. Es gelingt mir auch, den Wagen zu ersteigern. Nun musste nur noch der Transport organisiert werden. Leider steht in meinem Führerschein, dass ich nicht mit Anhängern fahren darf, außerdem habe ich natürlich kein Auto mit Anhängekupplung. Ich kenne aber jemanden, dessen Golf hat eine Kupplung. Also Norbert angerufen, der guckt in den Kfz-Schein: 700 kg Anhängelast gebremst. O.K., den Golf kann ich abhaken. Aber Norbert kennt natürlich jemanden, der einen Mercedes Sprinter hat und ihn auch zur Verfügung stellen kann. Terminabsprachen treffen mit dem Verkäufer, dem Anhängerverleiher, mit Norbert. Es wundert mich doch, dass alles funktioniert hat. Also am Samstag geht's los. Rucksack voller Brötchen, Äpfeln und Kaffee. Norbert isst aber lieber Gummibärchen.

Erstes Problem schon vor der Abfahrt: Es brennt kein einziges Bremslicht! So können wir die Reise stornieren. Aber glücklicherweise war nur eine Sicherung durchgebrannt. Da der Wetterbericht keinen Nebel meldete, konnte ich die Nebelschlussleuchte überreden, die Sicherung dem Bremslicht auszuleihen.

Kurz vor unserem Ziel - Randgemeinde von Hamburg - kommen wir in einen fiesen Stau. Den mit dem Verkäufer vereinbarten Termin können wir natürlich nicht mehr einhalten, er wird warten müssen. Gerade sind wir aus dem Stau heraus, klingelt das Telefon, der Verkäufer ist dran. Er steht in demselben Stau. Nun müssen wir wohl warten. Wir erreichen den Zielort. Da steht der Fiat auch schon.

Die Besichtigung

Ich gehe um den Wagen herum, gucke unter den Boden, erstaunlich, dass ein Fiat mit über 38 Jahren noch soviel Blech haben kann. Natürlich gibt es Rost und richtige Löcher. Aber es dürften keine unlösbaren Probleme vorhanden sein. Über die Chromteile lassen sich zwei Aussagen treffen:

  • Sie sind alle da!
  • Sie sind in einem vorzüglichen Zustand!

Nachdem der Geschäftspartner eingetroffen ist, kann die Inspektion im Innenraum, Motor- und Kofferraum fortgesetzt werden. Es sieht wirklich so aus, als wären alle Teile vorhanden. Bei einem solch seltenen Wagen ist das verdammt wichtig. So brauche ich auf den Oldtimer-Märkten offensichtlich nur noch nach den Scheinwerferreflektoren zu fahnden.

Der Transport

Öl war im Motor, die Kühlung war auch frisch aufgefüllt worden mit Frostschutzmittel, eine  Batterie stand auch im Motorraum bereit, den zündenden Funken zu liefern. Anschließen, Choke ziehen und den Zündschlüssel umdrehen. Der Motor sprang sofort an. Er läuft allerdings im 3/4-Takt. Also rauf auf den Hänger. Leider sitzen die Bremsen etwas fest. Höchstwahrscheinlich sind es die Scheibenbremsen an den Vorderrädern. Mit etwas humaner Schubkraft kam der Wagen aber doch auf den Hochsitz.

Norbert, der alte Seebär, vertäut den Fiat jetzt mit fachmännischen Knoten. Da wackelt nichts, das ändert sich auch während der ganzen Fahrt nicht mehr.

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In Osnabrück trafen wir um 17:30 ein. Wir stellen unseren Zug an der Bushaltestelle ab. Der nächste Bus kommt um 17:48. Also genügend Zeit für die Abladeaktion. Wieder springt der Motor an. Runter vom Anhänger und durch die Einfahrt zu dem Garagenhof. Jetzt will er aber nicht mehr, der Motor geht aus. Jetzt ist schieben angesagt. Mit fest sitzenden Bremsen ist das ein besonderen Vergnügen, zumal eine kleine Steigung zur Garagenplattform zu überwinden ist. Glücklicherweise kommen in diesem Augenblick zwei Nachbarjungs vorbei. Der Fiat steht in seinem neuen Quartier.

 Jetzt konnte ich mich noch etwas genauer in dem Wagen umsehen. Im Aschenbecher lag noch eine Kippe, sie hat offensichtlich seit Mai 1980 auf das Tagelicht gewartet. Der Wagen lief übrigens in Gadenstedt im Landkreis Peine. Vielleicht ist er mir ja sogar schon begegnet, als ich in den 70ern in Braunschweig studierte. Die Kippe im Aschenbecher

Wie es weitergeht

Jetzt kann ich zur Restaurierung schreiten. Die ersten Schritte sind schon erledigt. Wiederum bei ebay konnte ich eine Betriebsanleitung und die Reparaturanleitung ersteigern. Aus dem Jahr 1971 verfüge ich noch über einen Katalog der Firma "Freier Versand Varel". Allerlei Teile für den Fiat sind dort aufgeführt. Ich weiß aber nicht, ob die Preise noch gültig sind...

Ich werde mir zunächst die Bremsen vornehmen, damit ich den Wagen leichter bewegen kann. Funkelnagelneue Bremsschläuche liegen ja bereits im Kofferraum. Die Kolben der Bremssättel müssen höchstwahrscheinlich gängig gemacht oder auch ausgetauscht werden.

Demnächst gibt es hier weitere Berichte über den Fortgang der Arbeiten.

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Sonntag, 4. Juni  2006

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