Ohne Schweiß kein Fleiß |
Nun habe ich etliche Quadratdezimeter marodes Blech aus Werner (so habe ich ihn inzwischen genannt) herausgeschnitten. Jetzt kommt dann so langsam der Zeitpunkt, zu dem die Löcher wieder gestopft werden müssen. Im Keller habe ich bereits einige Bleche gedengelt; glücklicherweise besteht die Karosserie fast nur aus flachen Blechteilen. 90°-Knicke habe ich geformt durch in den Schraubstock eingeklemmte Profile. Das ging eigentlich ganz gut. Aber wie kommen meine Kunststücke jetzt in das Auto?
Man könnte das Fahrzeug in die Obhut eines Profis geben. Der wird das sicherlich ordentlich machen, aber auch eine saftige Rechnung präsentieren. In meinem Kopf spukte allerdings auch die Überlegung, selbst zum Schweißgerät zu greifen. Da gibt es allerdings zwei Probleme zu lösen. Ich habe kein Schweißgerät und meine Schweißfähigkeiten sind stark eingeschränkt. Ich habe vor knapp 35 Jahren im Rahmen eines Praktikums geschweißt. Herrliche Kunstwerke wurden mit dem Elektrodenschweißgerät zusammengebraten. Ob ich damals auch mit einem Schutzgasschweißgerät gearbeitet habe, weiß ich nicht mehr - ich habe meinen Praktikumsbericht gerade nicht in Griffweite...
Bevor nun die erste Naht geschweißt werden kann, muss also erst ein Gerät her. Für Dünnblech braucht man keine großen Stromstärken, also reicht auch ein kleineres Gerät. Davon wimmelt es in den Baumärkten. Nur, welches soll man nehmen? Die Stiftung Warentest, deren Rat ich sonst immer in Anspruch nehme, half mir nicht weiter. Warum testen die nicht so etwas?
Die Marktlage
Die Preise starten bei ungefähr 240 €. Dazu kommt noch die Flasche mit dem Gasgemisch - noch einmal etwas über 100 €. Muss es denn ein neues Gerät sein? Ich sehe mal bei einem bekannten Internet-Auktionshaus nach. Es werden reichlich Geräte angeboten. Sie haben aber fast alle einen Haken: Kein Versand! Oder aber erhebliche Versandkosten. Klar, die Dinger sind sehr schwer. Meistens ist auch keine Flasche dabei, die müsste dann noch zusätzlich erworben werden.
Bei einigen Angeboten kann man sich köstlich amüsieren. Das Wort "Schutzgasschweißgerät" ist ja etwas tückisch, es kann durchaus schon mal ein "w" verloren gehen. Damit bekommt das Gerät dann auch eine - hoffentlich nicht zutreffende - Qualitätsbewertung. Ich habe sogar einem kommerziellen Anbieter einen Hinweis per Mail zukommen lassen. Der hat eine gewisse Zeit gebraucht um den Fehler zu erkennen und zu korrigieren.
Initiativbewerbung
Ich musste allerdings auch feststellen, dass einige Auktionen stattliche Preise erzielten, für gebrauchte Geräte eigentlich zu viel Geld. Aber vielleicht liegt das Gute ja gar nicht so fern? Vielleicht sogar in Osnabrück? Ich greife also zum Telefon und bestelle bei der Neuen Osnabrück Zeitung ein Inserat. An einem Samstag und am folgenden Mittwoch soll es erscheinen. Als ich die Zeitung morgens aufschlage und meine Anzeige suche, fällt mir fast das Ei aus dem Mund!
Es haben mindestens sieben Leute angerufen. Einige hatten Profigeräte anzubieten - mit 400 Volt. Das geht bei uns leider nicht. Wir haben nur Einphasen-Wechselstrom. Aber ein interessantes Angebot konnte ich nicht ausschlagen: 50 Euro sollte es kosten - mit Flasche und Transportwagen. Mit dem Auto kann ich es sicher nicht transportieren, aber wozu habe ich das Gespann. Am Nachmittag fuhr ich zu dem Anbieter. Er hatte das Gerät lange Zeit nicht mehr benutzt, sagte aber, dass es noch funktionieren würde. Es handelte sich um ein Lorch Export 1001. Durch die Informationen, die ich im Internet über Schweißgeräte erhalten habe, wusste ich bereits, dass Lorch zu den besseren Geräten gehört. So war meine Freude eine große. Also den Apparat in den Seitenwagen gewuchtet und nach Hause gefahren.
Aller Anfang ist schwer
Am Sonntag wollte ich die Maschine ausprobieren. Ein altes rostiges Winkeleisen musste als Versuchskaninchen herhalten. Flasche aufgedreht - 150 Bar waren noch drin. Ein ordentlicher Funken kam aus der Pistole heraus. Ich musste allerdings feststellen, dass der Schweißdraht nicht aus der Pistole heraustrat. Und damit begann ein großes Abenteuer.
Ich stellte fest, dass die Seele offensichtlich Durchführungsprobleme hatte. Den Draht konnte ich herausziehen, aber der Scheibenwischermotor konnte ihn nicht bis zum Griff transportieren. Es gab einen Stau. Der Draht bildete Schlaufen vor dem Eintritt in den Schlauch. Den habe ich dann abmontiert um an die Seele heranzukommen. Von dem Schlauch führen noch zwei Drähte in den verschlossenen Teil des Gerätes. Aber dazu später mehr...
Die Seele ist ein Verschleißteil und offensichtlich durch die lange Zeit der Nichtbenutzung nicht mehr ganz fit. Ich fuhr dann zum Seelenverkäufer und holte mir dort das Ersatzteil. Das Schlauchpaket habe ich dann neu beseelt und siehe da: Der Draht flutschte nur so durch den Schlauch. Mit der Hand konnte ich ihn ganz leicht schieben, bis er aus der Pistole geschossen kam.
Nun wieder den Saft eingeschaltet und auf den Auslöser gedrückt. Nichts rührte sich. Die Kontrollleuchte war an, die Sicherung auch in Ordnung. Mir schwante Böses. Vom Serviceteil des Gerätes führten zwei dünne Kabel in den verschlossenen Teil. Durch das Entfernen des Schlauches wurde offensichtlich Zug auf die beiden Kabel ausgeübt und ein Kontakt gelöst. Kein Problem, dann stecke ich den Kontakt einfach wieder zusammen. Ja..... Wenn die andere Hälfte des Schweißgerätes nicht zugenietet wäre. Also Bohrmaschine geholt und vorsichtig die Nieten aufgebohrt. In der Tat hatte sich ein Stecker von seinem Kabelschuh gelöst. War auch ganz leicht zu finden. Das Kabel bekam wieder Kontakt mit seinem Gegenstück - offensichtlich der Überlastungsschalter. Er saß auf der gewaltigen Spule des Transformator. Wenn ihm zu warm wird, schaltet er einfach aus. Er ist offensichtlich verantwortlich für die Angaben der Einschaltdauer bei den Geräten. Im Innern des Gerätes fand ich noch eine Zahl: 83. Vielleicht ein Hinweis auf das Baujahr. Für 24 Jahre sieht die Maschine aber noch sehr gepflegt aus.
Alles wieder schön verschlossen und auf den Knopf gedrückt. Ein herrlicher Funkenregen kam aus der Pistole, als ich dem alten Stahlträger nahe kam. Auch der Draht flitzte heraus. Jetzt kann es losgehen!
Money
Bei dem bekannten Internet-Auktionshaus wird gegenwärtig dasselbe Modell angeboten. Startpreis 100 €, Sofort-Kaufpreis 195 €. Viel Glück. Außerdem tauchen dort mehrere Exemplare des "Buches zum Schweißen" auf. Teilweise werden happige Versandkosten aufgerufen. Leute - das Buch gibt es kostenlos bei Lorch!! Einige Mitmenschen müssen wohl auf Teufel komm raus einen schnellen Euro machen.
Bedienungsanleitung
Da dieser Gerätetype bereits seit geraumer Zeit nicht mehr im Handel anzutreffen und vielleicht auch schon mehrfach von Hand zu Hand weitergereicht wurde, ist anzunehmen, dass die Bedienungsanleitung unter die Räder gekommen ist. Bei meinem Gerät war noch die originale Anleitung vorhanden. Wer sie haben möchte, kann sich hier die PDF-Datei herunterladen.
Letzte Änderung: Mittwoch, 07. August 2013 |